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Megola-Technik
In einem Exposé beschreibt Fritz Gockerell seine Megola-Konstruktion wie
folgt:
Die Versuche des Megola-Rades
greifen viele Jahre zurück. So zeigt der erste Versuchsmotor, welcher im
Jahr 1916 in einem Kraftwagenpark erbaut wurde. Zwei Jahre später wurde der
2,5 PS starke Dreizylinder begonnen. Mit dieser Maschine sind fortlaufend
Versuche angestellt worden.
Der Antrieb der Ventilsteuerung
ist eine grundlegende Erfindung, welche dem heutigen Megola-Motor seine
Existenz verschafft.
Etwa 1 ½ Jahre später entstand der
erste fünf Zylindermotor und mit ihm gleichzeitig der Stahlblechrahmen. In
Bezug auf Leistung und sofortiges Anspringen waren die Ergebnisse bei der
ersten Versuchsfahrt schon so befriedigend, dass eine andere Anordnung nicht
mehr in Frage kam. Die größten Schwierigkeiten, welche sich dann sehr bald
zeigten, lagen damals in der Zuführung des Zündstromes und in der Lagerung
des Planetengetriebes. Die immer fortlaufenden Versuche ergaben dann
verschiedene Abänderungen, jedoch veränderte sich das Äußere der Maschine
wenig. Der Megola-Motor im Hinterrad zeigte eine ziemliche Vollkommenheit.
Da nun trotz des schon durchgearbeiteten Motors weiter Schwierigkeiten
auftraten, wurde die Maschine in das Vorderrad verlegt. Gleichzeitig mit
dieser Neuerung kam die Anbringung eines bequemen Sitzes. Die Erfolge des
Vorderrad-Antriebes sowie das Fahren mit blattgefedertem Sitz waren so
befriedigend, dass man sich mit der verfeinerten Ausführung und Durchbildung
einzelner Teile zu befassen hatte.
Der Motor hat fünf sternförmig
angeordnete Zylinder von 52 mm Bohrung und 60 mm Hub. Sein Kurbelgehäuse ist
mit dem Vorderrad fest verbunden und dreht sich mit diesem. Da das Rad bei
Höchstgeschwindigkeit nur 600 Umdrehungen in der Minute macht, der Motor
jedoch 3600 Umdrehungen machen muss, um bei seinen kleinen Abmessungen die
nötige Leistung zu geben, ist die Kurbelwelle im Inneren des Kurbelgehäuses
frei drehbar gelagert und mit diesem durch ein Planetengetriebe so
verbunden, dass sie sich mit der fünffachen Geschwindigkeit in
entgegengesetzter Richtung dreht wie das Kurbelgehäuse. Das
Übersetzungsverhältnis ist demnach 1:6.
Das Planetengetriebe besteht aus drei auf einer
feststehenden Scheibe gelagerte Zahnräder die einerseits, in einem mit dem
Kurbelgehäuse verbundenen Innenzahnkranz, andererseits auf einem auf der
Kurbelwelle sitzenden Antriebsritzel laufen.
Diese sinnreiche Anordnung ermöglicht es, die ganzen
Annehmlichkeiten, die im Problem des Rotationsmotors liegen zu verwenden.
Bei der geringen Umdrehungszahl von 500 – 600 Touren
pro Minute, welche der Zylinderstern macht, treten noch keine merkbaren
Beanspruchungen durch die Zentrifugalkraft auf. Die Nachrechnung hat
ergeben, dass die Zentrifugalkraft des Reifens und der Felge größer sind als
die des Motors. Während ein Flugzeug-Rotationsmotor bei an sich schon 15 –
20 fachen größeren Leistung die viel größeren Massen mit einer erheblich
größeren Drehzahl bewegen muss, hat der Megola-Motor weitaus geringere
Massen bei einer bedeutenden langsameren Tourenzahl zu bewegen.
Dank der außerordentlich geistvollen Ventilsteuerung
ergibt sich eine Gesamtkonstruktion des Motors von höchster Einfachheit und
Widerstandsfähigkeit. Eine Nockenscheibe mit nur drei Nocken, welche im
Gegensatz zu allen anderen Ventilsteuerungen feststeht, betätigt die mit
Rollen versehenen 10 Stößel der Ein- und Auslassventile nicht nur absolut
zuverlässig, sondern auch in der denkbar einfachsten Weise.
Das Lager der in Viertakt arbeitenden Zylinder
während einer Umdrehung des Gehäuses respektive der Vorderrades drei
Arbeitsperioden vollzieht, so fallen bei fünf Zylindern 15 Explosionen auf
eine Radumdrehung. Das ergibt ein gleichmäßiges Drehmoment, hohe Leistung,
ruhigen Lauf und äußerst leichtes Anspringen. Die Zylinder sind mit einem
Gesamtinhalt von 640 cm³ so bemessen, dass sich eine Leistung von ungefähr
6,5 PS bei 2500 Turen, von etwa 7,5 PS Leistung bei 3000 Touren und über 9,5
PS bei 3600 Umdrehungen der Kurbelwelle ergibt, die restlos am Radumfang zur
Verfügung stehen, da Verluste durch Übertragungsorgane nicht eintreten.
Die Zylinder des Megola-Motors sind aus Grauguss, die Kolben dagegen aus Aluminium gegossen. Duralaluminiumkolben hat sich bestens bewährt und sollte eigentlich bei jedem luftgekühlten Motor Anwendung finden.
Die Schmierung des Motors erfolgt
durch eine mit Schnecke angetriebene Kolbenpumpe, welche der Zuverlässigkeit
wegen einen besonderen Steuerkolben besitzt. Das Öl wird durch die hohle
Kurbelwelle, von wo aus die Schmierung der Zylinder und den noch vorhandenen
Kugellagern durch Spritzöl erfolgt. Die Pumpe fördert jeweils nur so viel Öl
als augenblicklich verbraucht wird. Der Ölverbrauch ist auffallend gering,
etwa 0,3 Liter für 100 Km.
Die
Saugleitung der einzelnen Zylinder führt durch Rohre zum Gehäuse, von
welchem aus alle fünf Leitungen zu einem einzigen Zuführungsstutzen münden.
Dieser Stutzen sitzt zentrisch an der Gehäusewand und ragt in ein in der
Gabel festgehaltenes Verbindungsstück, an welchem die eigentliche
Saugleitung des Vergasers angeschlossen ist.
Damit der als Gleitlagerzapfen
ausgebildete Gasüberführungsstutzen in keiner Weise überlastet wird, dient
ein kräftiges Kugellager zur Aufnahme der Beanspruchung.
Die Zuführung von Öl geschieht
ähnlich; es wird das Drucköl der Pumpe zu einer über das dünne
Kurbelwellenende geschobene Muffe geleitet, von welcher aus das Öl
zwangsweise in die durchgebohrte Kurbelwelle gedrückt wird. Die Muffe stellt
ebenfalls ein Gleitlager dar, und sitzt unmittelbar in der Ölpumpe selbst.
Die Verteilung und Zuführung des
Zündstromes geht in der Weise vor sich, dass an einem feststehenden
Rahmenteil die Schleifkohle befestigt ist, während in dem sich drehenden
Gehäuse der Stromverteiler oder Abnehmer untergebracht ist. Er hat 15
Kontakte, von denen jeweils drei miteinander verbunden sind. Die
Verbindungen sind so angeordnet, dass die Kontakte in einem Abstand von 120
Grad zueinander stehen. Dadurch, dass jeder Zylinder pro Umdrehung drei
volle Arbeitstakte vollzieht, erfolgt die Zündung nach immer 120 Grad
Gehäuse- oder Radumdrehung. Bei fünf Zylindern ergibt dies fünf mal drei
gleich 15 Zündkontakte mithin auch 15 Zündungen pro Rad bzw. Umdrehungen des
Zylindersterns.
Das Gewicht des kompletten
Vorderrades beträgt nur 30 Kg und ist weit weniger belastet als bei anderen
Motorrädern gleicher Stärke. Daher macht sich das Motorgewicht bei der
Lenkung des Rades nicht bemerkbar. Durch bloßes Lösen von nur vier Schrauben
kann das Vorderrad herausgenommen werden, so dass Reifenreparaturen sehr
rasch ausgeführt werden können. Magnetapparat und Vergaser bleiben dabei im
Rahmen fest und sind in gewissem Sinn also unabhängig vom Motor montiert.
Die gelegentlich geäußerte Befürchtung, nach der der Motor unter den Stößen der Straße leide, hat keine abnormen Abnützungserscheinungen gezeigt. Tatsächlich verhält sich der Motor wie auch eine durch ihre Bereifung gefederte Auto-Kardanachse. Auch das Bedenken, das der Motor im Vorderrad besonders
stark verschmutzen müsse, trifft
nicht zu. Erstens schleudert das umlaufende Vorderrad Schmutz und Staub zur
Seite und nach Hinten, der Motor selbst bleibt also frei davon als ein
weiterer hinten eingebauter. Zudem werden doch auf ihn gelagerten
Schmutzkörpern nach außen weggeschleudert oder durch die unter zwei bis drei
Atmosphären Überdruck austretenden Auspuffgase weggeblasen.
Der Megola-Motor ist eine
sinnreiche Anwendung der Prinzipien des Rotationsmotors auf das Motorrad.
Er ist eine für die Bedürfnisse
des Motorrades eigens erdachte Maschine, die weitaus vollkommenste, die je
für diesen Zweck konstruiert worden ist. Sie lässt alle bisherigen Lösungen
des Antrieb-Problems für Zwei- und Dreiradfahrzeuge primitiv erscheinen und
ist zweifellos berufen am Gebiet, die Bahn frei zu machen.
Quelle: Deutsches
Museum Archiv, Bestand NL 173
Weniger bequem war die Megola allerdings im Stadtverkehr. Sie hatte weder
Schaltgetriebe noch Kupplung, also musste die Megola nach jedem Halt
angeschoben werden.