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Mit der alleinigen Produktion der Megola gab sich Fritz Gockerell nicht zufrieden. Am 30. Oktober 1919 wurde mit dem Hauptgeldgeber und Anteilnehmer Dr. jur. Hermann Fuld die erste Firma gegründet. Am 22. September 1921 hatte Fritz Gockerell Probleme mit seinem Vertragspartner, so dass Dr. jur. Fuld ausschied. Dr. Fuld verlangte von Fritz Gockerell gesamt 40.000 Mark für Auslagen zurück. Im Gegenzug verlangte Fritz Gockerell alle Patentzeichnungen, Modelle und Unterlagen zurück, gleichzeitig verwehrte er die weitere Verwendung seinen Namen in der Nürnberger Gesellschaft. Ein Jahr später wurde mit den Gebrüderen Samuel und Felix Weikersheimer der Betrieb neu gegründet. Aufgrund seiner eingebrachten Patente erhielt Fritz Gockerell einen Anteil von 25%.
Die Gockerell 1,5 PS, auch "kleine Gockerell" genannt war der Verkaufserfolg. Der Motor basisierte auf der Konstruktion, wie dieser der ersten Fahrradhilfsmotoren, welcher auf dem Gepäckträger montiert war. Dieses war eine liegende Konstruktion mit einem Zylinder. Das Kurbelgehäuse war aus Leichtmetall hergestellt, in seiner umworbenen Tunnelbauweise. Das Kurbelgehäuse hatte einen weit in den Zylinderkopf gezogenen Hals. Diese Tunnelbauweise gestatte Fritz Gockerell eine platzsparende und effiziente Unterbringung des Vergasers und des Zündmagneten, welcher über eine Kette angetrieben wurde. In der Fahrradhilfsmotoren Version war auch der Tank über dem Motor positioniert.
Ebenfalls genial in das Kurbelgehäuse integriert war die Anordnung des Überströmkanals.
Das Zweigang Getriebe befand sich unmittelbar hinter dem Motor, aber separat. Das Getriebe wurde über eine Kette angetrieben. Die Kraftübertragung auf das Hinterrad erfolgte meist über Treibriemen, bzw. später über Kette.
Vermutlich durch die kompakte Bauweise hatte der Motor mit der Hitzeentwicklung zu kämpfen. Dies führte dazu, dass Gockerell die effizientere Wasserkühlung entwickelte und alternativ gegen Aufpreis anbot.
Was das Leichtmotorrad nun noch weiter von den Fahrrädern mit Hilfsmotor unterschieb, war dass Gockerell auf Fahrradpedale verzichtete. Dies setzte nun vom Fahrer gewisse sportliche Leistungen voraus. Einen Kickstarter oder Elektrostarter sucht man auf dem Foto verzweifelt. Das Cockerell-Motorrad wird also durch anschieben gestartet. Erst spätere stärkere Maschinen wurden mit Kick-Starter ausgestattet.
Das 1 PS Kleinkraftrad mit 119 cm³ verkaufte sich hervorragend, sodass die Produktion auf weitere Standorte ausgedehnt werden musste, so etwa zur "Süddeutschen Büro und Industrie AG" nach Gräfelfing und zur Gockerell Fertigung bei "Kracker & Co." nach Nürnberg. Gockerell war mit Konstruktionsarbeiten so stark beschäftigt, dass die Gebrüder Weikersheimer ihm 'wohl vorher nicht darüber informieren konnten', dass aus der GmbH nun die "Gockerell Fahrzeugwerke AG" geworden ist.
Cockerell 3 PS auch "rote Cockerell" genannt Foto: Lars Sachtleben aus Erfurt
Das "Flaggschiff" in der Motorradproduktion war die "rote Cockerell". Mit maximal drei PS schaffte die Maschine eine Geschwindigkeit von 75 km/h. Auch war dieses Modell für leichte Seitenwagen geeignet. Ursprünglich wurde das Motorrad mit knapp 140 cm³ angeboten, wurde dann aber durch das stärkere Modell ergänzt.
Bei sportliebenden Motorradfahrern wurde die "rote" auch gerne in Motorradrennen verwendet. In der 175 cm³ Klasse wurden mit ihr einige erfolgreiche Rennen bestritten.
Daten
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Cockerell
1 1/2
PS
"kleine Cockerell" |
Cockerell
2 1/2 PS
|
Cockerell
2 1/2 PS
|
Cockerell
3 PS
"rote Cockerell" |
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Bauzeit |
1921 - 1925 | 1921 - 1925 | 1923 - 1925 | 1924 - 1925 | |
Motor | Einzylinder - Zweitaktmotor, Zylinder liegend | ||||
Kühlung | Luft / Wasser | Luft / Wasser | Wasser | Wasser | |
Bohrung/Hub | 54 x 52 mm | 58 x 57 mm | 58 x 57 mm | 60 x 60 mm | |
Hubraum | 110 cm3 | 146 cm3 | 150,5 cm³ | 169,5 cm3 | |
Steuerung | |||||
Schmierung | Mischungsschmierung 1:9 | ||||
Leistung | 1,5 PS | 2,5 PS | 2,5 PS | 3 PS | |
Getriebe | 2 - Gang | 2 - Gang | 2 - Gang | 3 - Gang | |
Übersetzung | 1 : 15 und 1 : 7,2 | 1 : 13 und 1 : 6,5 | 1 : 13 und 1 : 6,5 | 1 : 13 und 1 : 6,5 | |
Antrieb | Riemen | Riemen | Riemen | Kette | |
Räder | 28 x 2 Zoll | 28 x 2 Zoll | 28 x 2 Zoll | 26 x 2,5 Zoll | |
Gewicht | 42 kg | 52 kg | 58 kg | 65 kg | |
Rahmen | nahtlos gezogener Stahlrohrrahmen | ||||
Höchstgeschwindigkeit: | 50 km/h | 65 km/h | 72 km/h | 85 km/h |
Die ursprünglich auf drei Motorenversionen basierende und alternativ angebotene Wasserkühlung in der Motorradproduktion hatte schon "Baukasten-Charakter". Dies trug auch dazu bei, daß die Produktion recht wirtschaftlich erfolgte. In der Woche wurden im Werk Gräffing und Nürnberg etwa 100 Motorräder hergestellt. Von der "kleinen" Cockerell sollen bis zu 400 Motorräder in der Woche gebaut worden sein.
Foto: Cockerell 1,5 PS mit 110 cm³ von Lars Sachtleben aus Erfurt
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Bei ausgedehnten Versuchsfahrten mit dem Zweizylinder, auch über die Alpen nach Italien, wuchs wohl die Erkenntnis, dass ein Motor mit mehr Zylindern elastischer zu bewegen wäre. Gockerell konstruierte einen Sechszylinder Zweitakter für das Fahrwerk des Zweizylinderautos. Der Hubraum blieb mit 1086 ccm bei einer Bohrung von 53 mm und einem Hub von 82 mm etwa auf dem Niveau des Zweizylinders. Die erreichbare Geschwindigkeit wuchs jedoch auf 125 km/h. Die Elastizität der Maschine erlaubte es, auch größere Steigungen ohne zurückzuschalten zu bewältigen.
Foto: Aus dem Buch "Motorräder aus München" von Karl Reese, Johann Kleine Vennekate Verlag
Hier ist eine Mannschaft im Motorradfußball angetreten. Das Bild Zeigt die Flottweg und Cockerell Mannschaft. Das Spiel fand 1924 in Mannheim auf dem Phönixplatz statt.
Versuchsmodell, Vierzylinder mit Wasserkühlung
Diese Erkenntnisse führten in der Konsequenz schließlich zu einem Zweitakt- Achtzylinder Reihenmotor mit der Bezeichnung V8 als Blockmotorkonstruktion mit einer Bohrung von 42 mm bei einem Hub von 60 mm. Der Motorblock samt Zylinderkopf waren aus Aluminium, Stahlzylinderbuchsen wurden eingepresst. Die Kurbelwelle war neunfach kugelgelagert. Wahrscheinlich sollte auch ein neues Fahrwerk für diesen Motor gebaut werden. Der Motor wurde für den Versuch zunächst in das Zweizylinderfahrwerk eingebaut. Trotz intensiver Bemühungen konnte Gockerell keine Investoren für eine Serienproduktion dieses "für das deutsche Volk bestimmten Sportwagen" finden. Unter der Bezeichnung "C 27" sollte 1927 das Motorrad mit dem 8-Zylinder Motor gebaut werden.
Die Weltwirtschaftskrise und die enorm große Konkurrenz auf dem Motorradmarkt machten es vielen Motorradherstellern das leben schwer. Und es gab viele gute und noch bessere Motorradhersteller wie Gockerell, auch diese mussten aufgeben.
Samuel und Felix Weikersheimer wollten groß einsteigen und haben sich "verspekuliert", sodass bald Konkurs angemeldet werden musste. In der Münchner Nordzeitung vom 07. März 1925 war zu lesen, dass sich der Inhaber der Cockerell Werke, Herr Weikersheimer in krimineller Weise mit einem Südamerika-Dampfer abgesetzt hat!
Münchner Nordzeitung vom 07. März 1925
Die Schwindeleien des Inhabers der Cockerell-Motorradwerke
Der Inhaber der Cockerell-Werke in München die in den ersten Nachkriegsjahren auf dem Gebiete der Leichtkrafträderfabrikation von sich reden machten, ein Herr Weikersheimer, verpfändete bei der Stadtsparkasse München eine ihm persönlichgehörende Sammlung alter Dosen, deren Wert von Sachverständigen auf eine Million Goldmark geschätzt wurde. Er erhielt dafür ein Darlehen von 400.000 Mark. Einige Zeit später erschien er bei der Sparkasse und erzählte, ein Amerikaner wolle die Sammlung für eine Million kaufen, und er bat, sie ihm für 24 Stunden "zu treuen Händen" auszuliefern, damit er sie dem Amerikaner zeigen könne. Diesem Wunsch wurde auch entsprochen. Herr Weikersheimer aber ging schnurstracks mit seiner Sammlung zum Flugplatz und als er 24 Stunden der "treuen Hände" vorüber waren, saß er bereits auf einem Südamerika-Dampfer. Jetzt wird die Sparkasse zusehen können, wie sie an ihre 400.000 Mark erhält.
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